Bei den Lampenarbeitern.
Es war 7 Uhr Morgens, als wir von Pintschei abmarschierten. Heute sollten wir ins „Biehm’sche“ gehen, wie im Isergebirge die südlich von Gablonz im Semiler und Turnauer Bezirk liegenden tschechischen Ortschaften, in denen die Lampendrücker hausen, mit einem zusammenfassenden Ausdruck genannt werden. Das „Biehm’sche“ ist im Isergebirge der Ausdruck höchsten Elends, dort ist, das weiß jedes Kind, die größte Not Gebieterin, und dort lauert auch stets die Gefahr für das nördliche Glasmacherland. Nur die stete Aufklärungsarbeit unserer Parteigenossen verhindert es, daß die Erkenntnis: „Aus dem „Biehm’schen“ droht uns Gefahr“, nicht den falschen Schluß reift, daß die dort wohnenden, rastlos schaffenden tschechischen Lampendrücker des Hasses der deutschen Glasarbeiter wert sind. Nicht das Gefühl des Hasses bringt das Isergebirge den 3000 tschechischen Lampen-und Lohndrückern und ihren rastlos mitarbeitenden Frauen und Kindern entgegen, sondern brüderliches Mitleid. Darunter mischt sich allerdings ernste Sorge: die Sorge, daß die Lampendrücker in absehbar kurzer Zeit den Artikel, den sie erzeugen, die schwarzen Besatzsteine für Posamenterien, durch Überproduktion und Erzeugung schlechterster Ware niederkonkurrieren werden, und daß sie sich dann, der Not gehorchend, nicht dem eigenen Triebe, auf einen anderen hausindustriellen Artikel werfen werden. Die blinde Profitwut der Gablonzer Exporteure wird davor nicht zurückschrecken, der billigen tschechischen Arbeitskraft einen neuen Artikel auszuliefern, dessen Preis bisher im Isergebirge, wo wahrlich auch Elend genug zu schauen ist, von den Arbeitern dank der Organisation mit zäher Ausdauer gehalten wurde.
Die Lampendrücker – sie heißen so, weil sie über einer kleinen Öllampe mit einer Stichflamme aus den Schwarzglasstengeln Besatzsteine drücken – sind „freie“ Arbeiter. Sie selbst müssen das Rohmaterial und alle Betriebsmittel kaufen, und dann nimmt ihnen der Lieferant, in vereinzelten Fällen wohl auch der Exporteur, direkt ohne Zwischenhand die fertiggestellten Waren ab. Die „freien“ Arbeiter sind bedürfnislos, durch Elend herabgekommen, völlig widerstandslos. Mit ihnen können die deutschen Unternehmer und Exporteure und die 34 meist tschechischen Lieferanten machen, was sie wollen. Eine Andeutung, daß es ein Anderer billiger macht, eine versteckte Drohung genügt, und jeder einzelne Lampenarbeiter wird den Preis drücken lassen, sowie sich auch die Lieferanten im Preise drücken lassen. Heute haben die Preise schon so ziemlich die unterste Grenze erreicht. Bei 15- bis 16stündiger Arbeitszeit sind die besten „Löhne“ das ist der Preis, der für die Arbeistkraft gezahlt wird, 30 und 40 kr. Einen höheren Lohn als 40 kr. habe
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