eine unsittliche, eine barbarische, selbst dann, wenn einzelne Mitglieder dieser Gesellschaft sich der von ihren Eltern mißhandelten Kinder annehmen und Kinderschutz- und Rettungsgesellschaften gründen. In der Lampendrückergegend gibt es kein einziges Arbeiterkind, das nicht schon in zartester Jugend entsetzlichen Qualen ausgesetzt wäre, Qualen, die nicht durch die Schuld der Eltern heraufbeschworen wurden, sondern durch den menschen- und kindermordenden Kapitalismus. Hier ist das Zutodemartern der Kinder Massenerscheinung!
Der Lotterieteufel hat, wie im Glasmacherland überhaupt, so namentlich in den tschechischen Lampendrückerdörfern, gar viele an der Rockfalte. Kaum eine Stube betrat ich, in der nicht neben etlichen Heiligenbildern an den Wänden irgendwo an der Wand, meist aber an der Türe, die Nummern angekreidet gewesen wären, die die betreffende Familie gerade gesetzt hatte. Im Gebirge ist die „blaue Lotterie“ weit verbreitet, und sie kann durch die Wachsamkeit des Staates kaum eingedämmt werden, eines Staates, der die Lotterie, natürlich wie jedes Glückspiel, dann unmoralisch findet, wenn nicht er der gewinneinheimsende Banquier ist. Das Wesen der „blauen Lotterie“ besteht darin, daß ein privater Geldmann an Stelle des Staates tritt, aber um konkurrenzfähig zu sein, auch kleinere Einsätze entgegennimmt. Bei der staatlichen Lotterie ist der geringste Einsatz 7 kr., bei der natürlich verbotenen Winkellotterie wird jeder Betrag angenommen, auch 1 kr. Der Privatunternehmer paßt sich eben den wirtschaftlichen Verhältnissen der Gegend an. Dieses Entgegenkommen bewirkt, daß er großen Zulauf hat. Wer aber nicht zum Winkellotteristen kommt, den sucht er selbst auf. Von Dorf zu Dorf, von Haus zu Haus wandert der Winkellotterist, und überall nimmt er die Einsätze und Nummern entgegen. Dann trägt er das Geld und Nummern zum „Banquier“, deren es mehrere im Lande gibt, und erwirbt sich durch Einräumung gewisser Perzente von diesem die Zahlungsgarantie, falls unter den entgegengenommenen Nummern Treffer sind. Als Ziehungsnummern gelten die der staatlichen Lotterie. Es gibt im Gebirge genug Existenzen, die von dieser „blauen Lotterie“ leben, genug aber auch, die durch sie vernichtet wurden.
2,10, 9. Das sind die Nummern, die ich in einer Lampendrückerstube an der Türe angekreidet finde. Darüber steht das Zeichen der heiligen drei Könige: K + M + B +. Ich lenke das Gespräch darauf. Die hagere Frau wirft einen leuchtenden Blick auf die Nummern: „Der Herrgott wird uns doch was zuschicken!“ Dann aber erinnert sie sich offenbar, wie oft sie schon vergebens gehofft hat, und sie setzt hinzu: „Er hat vielleicht auf die
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